Braucht man ein Anforderungsmanagement-Tool eigentlich? Geht man vom klassischen Projektmanagement aus, werden die Anforderungen doch nur einmal initial definiert und noch einmal gegengeprüft, wenn das Projekt abgeschlossen ist – fertig? Leider (oder zum Glück) sind Anforderungen lebendig Auch während der Projektlaufzeit, ja sogar während der Anforderungserhebung.
Wie gehen Sie mit geänderten Kundenanforderungen, technischen Unwägbarkeiten oder sogar notwendigen Produktanpassungen um? Ein Anforderungsmanagement-Tool kann Ihnen Arbeit und Probleme durch Struktur und Kollaborationsmöglichkeiten abnehmen.
Was ist Anforderungsmanagement?
Anforderungsmanagement kann in Anforderungserhebung vor einem Projekt und die Verwaltung der Anforderungen während des Projekts aufgeteilt werden:
- Anforderungserhebung (Requirements-Engineering)
Sie möchten die Anforderungen initial für ein Produkt oder Projekt aufnehmen. Dazu gehört eine ordentliche Dokumentation der Anforderungen. Zusätzlich müssen Anforderungen natürlich grundsätzliche Bedingungen erfüllen (Stichwort SMARTe Formulierung). - Anforderungsmanagement während des Projektes und gesamten Lebenszyklus
Über die Dauer eines Projekts oder Produktleben kann es zu Anpassungen von Anforderungen kommen. Sie möchten einen Überblick über Ihre Anforderungen behalten und genau wissen, welche Bereiche wie angepasst werden müssen. Diese Verwaltung ist Teil des Anforderungsmanagements.
Oft beschreibt Anforderungsmanagement als Begriff sowohl Punkt 1 als auch Punkt 2.
Übrigens:
Nicht jeder verwendet den Begriff Anforderungen. Heute sind auch „User Stories“, „Produktanforderungen“, „Requirements“ oder einfach „Features“ geläufig. Daher finden Sie auch unter Requirementsmanagement-Tool oder Requirementsengineering-Tool vergleichbare Softwareprodukte.
Was ist ein Anforderungsmanagement-Tool?
Das Anforderungsmanagement-Tool erleichtert Ihnen die Arbeit in der Anforderungserhebung durch eine ordentliche Struktur und Kollaborationsmöglichkeiten. Versionierung, Status einer Anforderung und Traceability helfen dabei, den Überblick über Requirements auch im Projekt und gesamten Produktlebenszyklus zu behalten.
- Ein Anforderungsmanagement-Tool definiert als Referenz alle Anforderungen im Projekt.
- Ein Anforderungsmanagement-Tool bietet Übersicht, was vom Projekt/Produkt zu erwarten ist.
Wenn Sie Anforderungen ausschließlich in Form von Office-Dokumenten oder Ihrem internen Wiki verwalten, stoßen Sie schnell an die Grenzen der Flexibilität:
- Wie bearbeiten Sie Ihre Anforderungen mit mehreren Personen?
- Gibt es eine Kommentarfunktion oder schreiben Sie Kommentare in andersfarbigem Text?
- Was passiert, wenn sich eine Anforderung ändert oder diese wegfällt?
- Haben alle Beteiligten immer Zugriff zu den Anforderungen?
- Wissen Sie, ob alle Anforderungen vom Produkt oder Projekt erfüllt werden?
Alternative Lösungen als Anforderungsmanagement-Tool?
Wenn Sie keine neue Software einführen möchten, bleiben Ihnen natürlich weiterhin alternative Lösungen. Mit vielen, werden Sie aber nur bestimmte Bereiche von Anforderungserhebung oder -management abdecken können:
Anforderungen mit Office-Tools und Cloud-Speicherung
Heute gibt es viele Office-Werkzeuge, die Kooperationsmöglichkeiten bieten. Mit Tabellenkalkulation und Kommentarfunktion können die Anforderungen grundsätzlich verwaltet werden. In Verbindung mit einer Cloud-Speicherung haben Beteiligte Zugriff auf Tabelle oder Textdokument und können parallel bearbeiten. Versionskontrolle und Bearbeitungsrechte liegen aber oft auf Ebene des gesamten Dokuments.
Confluence und Jira für die Anforderungsdefinition
Ein Unternehmens-Wiki kann bereits eine Grundstruktur für Anforderungsmanagement bieten. In Verbindung mit einem Task-Management Tool wie für Confluence und Jira gibt es anschauliche Beispiele, die ein Requirementsmanagement-Tool ersetzen können.
Projektmanagement-Software mit integriertem Requirementsengineering-Tool?
Im Projektmanagement wäre es sinnvoll, wenn das Anforderungsmanagement-Tool auch grundlegende Elemente einer Projektmanagement-Software abdeckt. Mit einer integrierten Lösung haben Sie eine Software, die alle Phasen eines Projekts abdecken kann. Sie starten mit der Erhebung von Anforderungen in der Definitionsphase und Planungsphase eines Projekts. Über die weiteren Phasen werden Elemente zur Projektsteuerung die wichtigsten Bestandteile der Projektmanagement-Software darstellen.
Selbst, wenn Sie kein integriertes Requirementsengineering-Tool haben, nutzen Sie einfach Ihre etablierte Projektmanagement-Software. Mit der Anforderungserhebung als separates Vorprojekt können Sie in Zusammenarbeit an Listen, Aufgaben und Zielen arbeiten.
Die wichtigsten Aufgaben eines Anforderungsmanagement-Tools
- Verlinkung von Anforderungen
Anforderungen sollen als unabhängige Elemente stehen. Die Verlinkung von einer Anforderung zur Umsetzung ist wichtig, da Sie so direkt die Auswirkungen einer Änderung identifizieren können. Zudem sorgt eine Traceability dafür, dass Sie schnell prüfen können, ob Ihr Projekt oder Produkt den gestellten Anforderungen entspricht. - Versionierung von Anforderungen
Eine grundsätzliche Versionierung hilft Änderungen zu dokumentieren. Gerade, wenn sich eine Anforderung im Laufe des Projekts ändert, können Sie dennoch den Überblick behalten. In Verbindung mit der Rückverfolgbarkeit sehen Sie direkt, welche weiteren Anforderungen ggf. betroffen sind. - Status einer Anforderung
Ähnlich zu einem Projekt mit verschiedenen Phasen, durchlebt eine Anforderung auch unterschiedliche Status. Zu Beginn ist es eine erste Idee, die nicht zwingend ausgereift ist. Später kann diese Idee ausgearbeitet sein und somit fester Bestandteil der Requirements im Projekt oder Produkt sein. Diesen Lebenszyklus sollte ein Anforderungsmanagement-Tool abdecken können. - Flexible Bearbeitung
Gerade im Gegensatz zu statischen Dokumenten liegt ein Vorteil in der flexiblen Bearbeitung von Anforderungen. Manche Anforderungen verlieren im Verlauf eines Projekts die Gültigkeit bzw. den Sinn. Hier lohnt es sich, diese zu bearbeiten und entsprechend zu markieren. - Kooperation
Selten werden Anforderungen von nur einer Person oder gar einem Unternehmen definiert. Sobald mehrere Parteien an den Anforderungen eines Projekts arbeiten, sind kollaborative Elemente in einem Anforderungsmanagement-Tool unabdingbar. Mit Versionierung behalten alle den Überblick über Änderungen. Zusätzliche Funktionen wie Kommentare helfen bei der Diskussion und Validierung der Anforderungen. - Klarheit
Wenn die Anforderungen definiert sind, sollte Klarheit für alle Parteien herrschen. Dies kann über den passenden Workflow mit Freigabe von Anforderungen gewährleistet werden.
Wie bewertet man das Anforderungsmanagement-Tool?
- UX und UI:
Der Fokus liegt oft auf Funktionalität statt auf UX und UI. Im Anforderungsmanagement arbeiten Sie schnell mit einer Vielzahl an Einträgen, die es zu verwalten gilt. Hier sollten Sie Wert auf die richtige Darstellung legen. Visualisierungsmöglichkeiten helfen zusätzlich die Anforderungen zu verstehen. - Einsatzbereich – einzeln oder integriert?
Der Vorteil einer integrierten Anforderungsmanagement-Software für Ihr Projektmanagement-Tool wurde oben schon diskutiert. Wenn Sie aber einen guten Export über Excel und/oder eine Direktanbindung an Ihr bestehendes Tool haben, können Sie gut eine separate Anwendung nutzen. Gerade im Software-Bereich gibt es oft Anbindungen an die viel genutzte Task Management Software Jira.
- Funktionalität:
- Anforderungsmanagement
- Traceability
- Echtzeitanalyse von geänderten Anforderungen
- Kollaboration
- Exportfunktion
- Integration in andere Tools
- Preisgestaltung:
Ja, die Preise unterscheiden sich. Aber gerade in diesem Bereich sollten Sie eher auf die Lösung schauen, die zu Ihnen passt.
6 Beispiele für Anforderungsmanagement-Tools
Im Folgenden eine kurze Liste von Anforderungsmanagement-Tools und alternativen Möglichkeiten
- Accompa
Eine einfach zu nutzende Lösung, die auf SaaS setzt. Es gibt keine Server-Variante, dafür viele Integrationsmöglichkeiten. - IBM Engineering Requirements Management DOORS Next
Eines der größten Tools auf dem Markt, das viele Aspekte in der Anforderungserhebung und -management abdecken kann. Die Bedienung ist nicht zu einfach, aber man kann viel Support erhalten. - Jama Software
Ein modernes Tool, dass auch den Einsatz im regulierten Umfeld wie in der Medizintechnik verspricht. Mit Jira-Integration gut für Software-Projekte geeignet. - Jira mit Confluence
Diese Kombination ermöglicht eine simple Variante des Anforderungsmanagements. Mit ein paar Tipps und Tricks kann dies in kleineren Software-Projekten ausreichen (mehr zu Atlassians Portfolio). - ReqSuite
Mit leichter Navigation und wenig Komplexität besticht diese Lösung. Zusätzlich gibt es Integrationsmöglichkeiten und sogar eine Web-API zur individuellen Anbindung. - SharePoint mit Office
Die Variante für Nutzer im Microsoft-Universum. Auch wenn es nur eine Notlösung darstellt, kann Ihnen die Kombination von Office und SharePoint zumindest die Kollaboration ermöglichen. (z.B. Excel für kleine Projekte)
Fazit zu Anforderungsmanagement-Tools
Bei kleinen Projekten mag die Tabellenkalkulation noch zufriedenstellend sein. Für Software-Projekte reicht ggf. Jira mit Confluence. Mit größeren Projekten helfen Ihnen zusätzliche Tools wie Jama Software oder sogar DOORs von IBM. Es hängt von Ihnen und Ihrem Umfeld ab, für welche Lösung Sie sich entscheiden.
Welche Kriterien legen Sie an eine Anforderungsmanagement-Software?
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Guten Tag Frau Sadrinna,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Natürlich erhebt die Liste der 6 Beispiele für Tools zum Anforderungsmanagement keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Dennoch: Ihre Beschreibung für beide Tools liest sich interessant. Vor allem die Kombination aus Anforderungsmanagement und Projektmanagement in objectiF RPM.